FEATURE
30 Mai 2019
Tausende Geschichten, eine WWDC
Am 3. Juni treffen sich in San Jose mehr als 5.000 Menschen aus 86 L?ndern zur 2019 Worldwide Developers Conference (WWDC) von Apple. Darunter sind auch Erika Hairston, die zum ersten Mal dabei ist, und David Niemeijer, der zum 17. Mal in Folge zu Gast sein wird.
Die 23-j?hrige Yale-Absolventin Hairston arbeitet in San Francisco und hat gerade ihre erste App, Zimela, vorgestellt, um die Vielfalt in der Technologie zu f?rdern. Der 50-j?hrige Amsterdamer Niemeijer hat zwei Kinder und ist CEO von AssistiveWare, einem Unternehmen, das er vor 20 Jahren gründete und das Kommunikationshilfen für Menschen mit Behinderungen entwickelt.?
Obwohl sich die beiden an zwei verschiedenen Punkten in ihrem Leben befinden, haben die Wege von Hairston und Niemeijer viel gemeinsam.
Beide wurden durch einen geliebten Menschen dazu inspiriert, sich L?sungen zu überlegen, und begannen dann mit der Umsetzung. Beide starteten als Einzelunternehmer und programmierten in ihrer Freizeit, wo und wann immer sie konnten. Und beide verbinden und unterstützen Gemeinschaften, indem sie Technologien einsetzen, mit denen Menschen sich ausdrücken und zueinanderfinden k?nnen.
Zwei Tage vor Weihnachten im Jahre 1995 hatte David Niemeijers enger Freund Giesbert Nijhuis einen Autounfall, der ihn vom Hals abw?rts l?hmte. Der damals 26-j?hrige Nijhuis hatte als Illustrator und Fotograf gearbeitet und verlor nach dem Unfall die Hoffnung, dass er seine Karriere fortsetzen konnte.?
Niemeijer wollte seinem Freund helfen, seine Unabh?ngigkeit zurückzugewinnen, und entwarf eine virtuelle Tastatur, die mit einer Alternative zur Maus bedient werden konnte – wie die, die Nijhuis seit dem Unfall benutzte und die er mit Kopfbewegungen steuerte. Nijhuis gab in den ersten Jahren ein umfassendes Feedback über seine Benutzererfahrung.
"David h?rte sich alles an und verbesserte es immer weiter", erz?hlt Nijhuis. "Schon bald war es viel besser als die Software, die es sonst gab."
Niemeijers virtuelle Tastatur, die er in seiner Freizeit in seiner Wohnung programmierte, wurde zum Programm KeyStrokes, und nach einigen Jahren konnte er seinen Job an der Universit?t aufgeben und hauptberuflich daran arbeiten. Als er AssistiveWare gründete, entwarf Nijhuis mit KeyStrokes das Logo des Unternehmens.
"Es gibt definitiv ein starkes Gemeinschaftsgefühl, obwohl alle von sehr unterschiedlichen Orten stammen und in sehr unterschiedlichen Bereichen arbeiten."
2001 schrieb ein KeyStrokes Benutzer einen Brief an Steve Jobs. Darin fragte er, ob Apple dazu beitragen k?nne, dass Niemeijers virtuelle Tastatur mit dem neuen MacOS 10 funktioniert. Das war der Beginn einer fast zwei Jahrzehnte w?hrenden Beziehung zu Apple und im Laufe dieser Zeit wuchs AssistiveWare von einem Unternehmen mit einem Mitarbeiter zu einem der weltweit führenden Anbieter von Apps für unterstützende Technologien für Menschen mit Herausforderungen bei der Kommunikation.
"Wir h?ren t?glich von Menschen, wie [unsere Produkte] ihr Leben ver?ndert haben", sagt Niemeijer. "Das k?nnen Erwachsene sein, die unsere Software benutzen und pl?tzlich in der Lage sind, mit jemandem ein Gespr?ch zu führen. Oder Familien mit Kindern, die jetzt die Gedanken ihres Kindes verstehen und herausfinden, wer ihr Kind wirklich ist. Das sind gewaltige Dinge."
Obwohl sich seit Niemeijers Teilnahme an seiner ersten WWDC im Jahr 2003 viel ver?ndert hat, sagt er, dass eines immer gleich geblieben ist – das Gefühl der Verbundenheit.
"Es gibt definitiv ein starkes Gemeinschaftsgefühl, obwohl alle von sehr unterschiedlichen Orten stammen und in sehr unterschiedlichen Bereichen arbeiten."
Erika Hairston ist die Jüngste von fünf Geschwistern – darunter auch ihre Pflegeschwester Kimmy. Als Kimmy sich bewarb und in ein Programm aufgenommen wurde, das einkommensschwachen Schülerinnen und Schülern den Zugang zu Eliteschulen erm?glicht, ?ffnete sich pl?tzlich auch ihre Welt, so Erika. ?
"Sie inspirierte mich und brachte mich dazu, von gr?sseren Dingen zu tr?umen", sagt Hairston. "Zimela wurde aus der Idee heraus geboren, dass jeder eine Kimmy haben sollte – einen Mentor und ein Vorbild, das es ihnen erm?glicht, zu sehen, was es in der Welt gibt. Jeder sollte in der Lage sein, M?glichkeiten zu finden, die dir helfen, dorthin zu kommen, wo du hin willst."
Hairston entwickelte Zimela, um unterrepr?sentierten Gruppen den Einstieg in den Technologiebereich zu erleichtern, indem sie Mentorenstellen einrichtete und die Benutzer auf Karrierem?glichkeiten wie zum Beispiel Praktika aufmerksam machte. Sie entwickelte die App in ihrem letzten Jahr in Yale und benannte sie nach dem Film ?Black Panther“. Zimela ist eine Interpretation des Xhosa-Wortes für Repr?sentation.
Nachdem Hairston letztes Jahr ihren Abschluss machte, zog sie für einen Vollzeitjob im Silicon Valley nach San Francisco. In ihrer Freizeit programmiert sie in ihrem Schlafzimmer, dem Haus ihres Freundes in Oakland und wo immer sie sonst ein paar Minuten Zeit findet, um Zimela auf die Ver?ffentlichung im App Store vorzubereiten.
Sie hat vor Kurzem das Apple Entrepreneur Camp abgeschlossen und ist im Begriff, an ihrer ersten WWDC teilzunehmen. Beides sind ihrer Meinung nach perfekte Beispiele für die Art von M?glichkeiten, die andere hoffentlich durch Zimela finden werden. Sie freut sich darauf, was die WWDC für ihre App und ihre Zukunft bedeuten wird.
"Die Tatsache, dass wir zur gleichen Zeit im App Store starten – das sollte wohl so passieren", sagt sie. "Bei jeder WWDC fühle ich mich, als würde die Welt gr?sser werden und es mehr M?glichkeiten geben, was Menschen erreichen k?nnen."
Das sind zwei von Zehntausenden von Geschichten, die 30 Jahre der Apple Worldwide Developers Conference ausmachen – ein Treffen von Vision?ren, die die gemeinsame überzeugung verbindet, dass die Macht der Technologie die Welt besser machen kann.
Bilder von Erika Hairston und David Niemeijer